25 Jahre Klimabündnis Tirol: Der Blick zurück und nach vorne
1990 wurde das internationale Klimabündnis in Frankfurt gegründet. Acht Jahre später erfolgte die Vereinsgründung in Tirol - wir feiern unseren 25. Geburtstag!
Seit der Gründung 1998 haben sich 85 Tiroler Gemeinden unserem globalen Bündnis angeschlossen. Zuletzt kamen nun Haiming und Stanz dazu. Über 60% der Tirolerinnen und Tiroler leben in einer Klimabündnis-Gemeinde.
Ein starkes Netzwerk! Noch stärker mit unseren 130 Klimabündnis-Betrieben und 60 Klimabündnis-Bildungseinrichtungen. Doch welche lokalen Maßnahmen brauchen wir gegen die globale Klimakrise im Jahr 2023? Unser Geschäftsführer, Andrä Stigger, gibt Antworten.
Andrä Stigger im Interview
Du hast vor sieben Jahren das Klimabündnis Tirol als Geschäftsführer übernommen. Warum wolltest du dich im Klimaschutz engagieren?
Vor dem Klimabündnis war ich in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. In den Projekten spielten Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer eine große Rolle und gleichzeitig waren die Auswirkungen der Erderwärmung in den Ländern des globalen Südens jedes Jahr mehr spürbar. Ich habe gesehen, dass sich unser westlicher Lebensstil auf das Leben der Menschen dort auswirkt. Deshalb hatte ich das Bedürfnis in Tirol im Klimaschutz wirksamer zu sein.
Welches Bild hattest du damals vom Klimabündnis?
Ich habe das Klimabündnis immer mit globaler Gerechtigkeit verbunden und kannte damals schon die Partnerschaft zur indigenen Bevölkerung am Rio Negro in Brasilien. Der Gedanke, dass sich Gemeinden in einem Bündnis zusammenschließen, um sich gemeinsam für den Erhalt des Regenwaldes einzusetzen und gleichzeitig in Tirol im Klimaschutz was weiterbringen wollen, hat mich begeistert. Global denken – lokal handeln wird im Klimabündnis sehr konkret.
Das Klimabündnis Tirol feiert heuer Geburtstag. Was hat sich in den letzten 25 Jahren getan?
In der Politik, sowohl national als auch auf EU-Ebene, rücken Klimaschutz und Klimawandelanpassung immer mehr ins Zentrum und werden in vielen Ressorts entscheidungsleitend. Und auch unsere Mitglieder stehen immer stärker in der Verantwortung. Klimaschutz ist zur Management-Aufgabe geworden: Es gilt Ziele zu formulieren, Indikatoren zu erfüllen und diese mit Zahlen zu untermauern. Nur reden, ohne etwas zu tun, war gestern.
Das Klimabündnis ist das größte Klimaschutz-Netzwerk Tirols. Welchen Beitrag können wir leisten?
Klimabündnis-Gemeinden sind Vorreiterinnen im Klimaschutz. Den großen Benefit sehe ich in ihrer Vorbildwirkung. Sie geben ihr Know-how an andere Gemeinden weiter und sind dadurch eine gestaltende Kraft in Tirol und darüber hinaus. Neben der Begleitung von Gemeinden, Betrieben und Bildungseinrichtungen sehe ich unseren Beitrag noch immer ganz stark in der Bewusstseinsbildung. Wir sind gerade in einer gesellschaftlichen Transformation und wir müssen uns von einigen Gewohnheiten verabschieden. Diese Transformation zu beschleunigen und die Menschen dabei zu begleiten sehe ich als unsere Aufgabe.
Was wünschst du dir von den Tirolerinnen und Tirolern?
Es wäre schön, wenn wir alle die Dringlichkeit des Handelns erkennen und unsere Entscheidungen danach ausrichten – das gilt für Privatpersonen wie für Politiker:innen. Auf politischer Ebene gibt es Entscheidungen, die Hoffnung geben, wie das kürzliche im EU-Parlament beschlossene Renaturierungsgesetz. Auch im öffentlichen Verkehr, beim Radfahren und in der Energiewende gibt es Fortschritte. Trotzdem scheint die eigene Verantwortung noch nicht in allen Köpfen angekommen zu sein. Weil es die Verbote nicht gibt, muss ich mich jeden Tag selbst entscheiden, ob ich mit dem Auto fahre, ob oder wieviel Fleisch ich esse, ob ich wirklich ein neues Handy brauche und vor allem: Wie kann ich politisch mitgestalten?
Wie geht es dir, wenn du in die Zukunft blickst? Wie wird Tirol in 25 Jahren aussehen?
Ich versuche optimistisch zu bleiben, gleichzeitig merke ich aber wie sich gewohnte Sicherheiten auflösen und das macht mir manchmal Angst. Der Klimawandel ist in Europa angekommen: Berge brechen ab, Sturmschäden werden häufiger, Waldbrände in Urlaubsgebieten, Ernteausfälle – das alles muss uns dazu bewegen noch eindringlicher zu handeln, anstatt im Schockstarre zu verfallen. Ich habe ein Bild, wie Tirol ausschauen sollte. Aber ich kann nicht sagen, wie es ausschauen wird. Es wird auf alle Fälle nicht einfach.
Wofür bist du dankbar?
Dankbarkeit ist eine wichtige Grundhaltung, die es im Klimaschutz braucht – sonst wird es mühsam. Ich bin dankbar, wenn wir mit unseren Gemeinden, Betrieben und Schulen Erfolgserlebnisse feiern, wenn wieder ein Schritt Richtung Klimagerechtigkeit gelungen ist. Ich bin dankbar für das Klimabündnis Team, das sich unglaublich engagiert jeden Tag für Klimaschutz und Nachhaltigkeit einsetzt. Und ich bin dankbar für meine Familie – sie ist meine Kraftquelle.
25 Wegbegleiter:innen im Portrait
Von den ersten Klimabündnis-Beauftragten, über engagierte Green Events Veranstalter:innen, bis hin zu Direktor:innen, die neue Wege gehen. Wir holen zur Feier unseres Jubiläums 25 Wegbegleiter:innen vor den Vorhang und stellen sie auf unseren Social Media Kanälen vor.
Pressematerial
Presseaussendung zum Klimabündnis-Jubiläum anlässlich des "Tag der Indigenen" am 9. August
Pressefoto 1, © Klimabündnis Österreich
Pressefoto 2, © Rede Wayurí / FOIRN
25 Jahre und mehr - Meilensteine des Klimabündnis Tirol
- Die Vorgeschichte: 1990 wurde das internationale Klimabündnis in Frankfurt gegründet. Damals verabschiedeten Indigene Vertreter:innen aus Amazonien gemeinsam mit kommunalen Vertreter:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Manifest über die Partnerschaft europäischer Städte mit indigenen Völkern Amazoniens zum Schutz der Regenwälder und des Weltklimas.
- Noch vor der Gründung des Klimabündnis Tirol traten einzelne Tiroler Gemeinden dem internationalen Klimabündnis bei. 1993 schloss sich das Land Tirol an und unterstützte bei der Vereinsgründung in Tirol.
- 1998 - vor genau 25 Jahren - wir der gemeinnützige Verein Klimabündnis Tirol gegründet. Seine ordentlichen Mitglieder sind bis heute die Tiroler Gemeinden. Ganz vorne mit dabei waren Wörgl, Schwaz, Kundl, Landeck, Lienz, Pfunds, Schwendau, St. Jakob im Defereggen, St. Johann in Tirol, St. Ulrich am Pillersee, Tux, Virgen und Volders.
- Auch Bildungseinrichtungen profitieren bald vom Angebot des Klimabündnis Tirol. Bereits im Gründungsjahr treten die Volksschule Schwaz und der Praxis-Mittelschule Innsbruck. Heute sind es bereits über 60 Schulen, Kindergärten, Krippen und Horte, die als „Klimabündnis-Bildungseinrichtung“ Maßnahmen zur Nachhaltigkeit umsetzen und Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene für das Thema sensibilisieren.
- Jedes Jahr von 16. Bis 22. September feiert ganz Europa die Mobilitätswoche. In Tirol werden die zahlreichen Aktivitäten seit 2006 Jahren vom Klimabündnis in Kooperation mit dem Land Tirol und dem VVT koordiniert. Ob Pop-up-Begegnungszone, ein Frühstück für Pendler:innen oder Straßenbemalungen – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, um klimafreundliche Mobilität zu feiern.
- 2011: Startschuss für „Tirol radelt“. Die Initiative ist die größte Kampagne in Tirol zur Unterstützung des Radverkehrs. Teilnehmende können ihre geradelten Kilometer online und mittels App aufzeichnen und nehmen an zahlreichen Gewinnspielen teil. Während 2011 noch knapp über 1000 Tirolerinnen und Tiroler mit dabei waren, sind es mittlerweile schon fast 7000, die regelmäßig in die Pedale treten.
- Land Tirol, Klimabündnis und Umwelt Verein rufen 2013 Green Events Tirol ins Leben. Das Projekt zeichnet Veranstaltungen aus, die nachhaltig durchgeführt werden – also beispielsweise auf Müllvermeidung, oder regionale Beschaffung ein besonderes Augenmerk legen. Das Interesse an Green Events ist groß: 2022 wurden 162 Veranstaltungen ausgezeichnet.
- Nach kleineren Probeläufen, startet das Klimabündnis Tirol 2016 mit einem umfassenden Beratungsprogramm für Betriebe durch. Große Unternehmen, wie die Lebenshilfe oder die tirol kliniken schließen sich dem Netzwerk an. Sie durchlaufen einen Klimacheck und setzen sich Ziele für nachhaltiges Wirtschaften. Allein 2022 konnten 30 Betriebe in das Netzwerk aufgenommen werden, darunter der 100. Klimabündnis-Betrieb Tirols.
- 2017: Die Initiative DoppelPlus bietet ab sofort Unterstützung für Haushalte, die mit hohen Energiekosten zu kämpfen haben. Mieterinnen und Mieter erhalten im Rahmen eines DoppelPlus-Coachings wertvolle Tipps zum Stromsparen und Klimaschützen bei ihnen zu Hause.
- Vor fünf Jahren, 2018, fand zum ersten Mal die Nachhaltigkeitsmesse ÖKO FAIR in Innsbruck statt, die gemeinsam von Klimabündnis Tirol, Südwind Tirol und der Congress Messe Innsbruck durchgeführt wird. 2024 geht sie von 3. bis 5 Mai über die Bühne.
- Um die Kunst- und Kulturwelt für Klimaschutz zu begeistern, koordiniert das Klimabündnis, gemeinsam mit den TKI - Tiroler Kulturinitiativen, seit 2022 Jahr die Initiative Klimakultur Tirol. Ziel ist es, dass Künstler:innen und Kulturinstitutionen als Motor für den Klimaschutz auftreten und so ein breites Publikum erreichen.
- 2023: Mitsprache ist gefragt! Das Klimabündnis organisierte heuer drei Klimaräte in Tirol: in Wattens und Volders, im Kaunertal sowie in Leutasch und Reith bei Seefeld. 30 zufällig ausgewählte Bürger:innen beschäftigen sich intensiv mit Klimaschutzmaßnahmen in ihrem Ort und erarbeiten Maßnahmen für die Gemeindepolitik.
„In den letzten 30 Jahren ist es mit dem Klimabündnis gelungen, ein Netzwerk an engagierten Gemeinden und Akteurinnen und
Akteuren für Klimaschutz in Tirol aufzubauen. Ob Gemeinden, Unternehmen oder Schulen – das Klimabündnis unterstützt bis heute auf vielfältige Art und Weise und ist ein wertvoller Partner für die Umsetzung der Tiroler Nachhaltigkeits- und Klimastrategie.“
LR René Zumtobel, Obmann von Klimabündnis Tirol seit April 2023